Was bedeutet TCM?
TCM ist die Abkürzung für Traditionelle Chinesische Medizin. Gemeint ist eine Jahrtausende alte Wissenschaft, die auf genauen Beobachtungen der Natur basiert, aus denen Naturgesetze und Heilmethoden abgeleitet wurden. Genau wie die indische Heilkunst Ayurveda ist auch die TCM in der westlichen Welt immer mehr von Interesse, sodass sie auch außerhalb Chinas praktiziert wird und sogar ganze Kliniken oder Abteilungen in Kliniken auf die Heilkunde spezialisiert sind. Die TCM umfasst fünf verschiedene Behandlungsmethoden, die auch als fünf Säulen bezeichnet werden. Diese fünf Säulen können einzeln oder auch in Kombination eingesetzt werden. Die fünf Säulen sind Akupunktur, Arzneimitteltherapie, Koordinationsübungen (Qigong und Taiji), Massage (Tuina) und Ernährung.
Die Ernährung ist also ein Teil eines umfassenden Behandlungssystems. In den klassischen Texten wird sogar davon gesprochen, dass Medizin und Ernährung denselben Ursprung haben, was den hohen Stellenwert aufzeigt. Schon immer gehörten Essen sowie die Zubereitung von Essen zur „Lebenspflege“ dazu und galten als eine der wenigen Freuden im Alltag. Mit der richtigen Ernährung kann laut TCM die Gesunderhaltung aktiv unterstützt, Heilungsprozesse gefördert und das allgemeine Wohlbefinden gesteigert werden. Hierbei werden Lebensmittel nicht als gesund oder ungesund kategorisiert, sondern es geht darum, dass diese je nach den eigenen Bedürfnissen individuell kombiniert werden. Gelingt diese Zusammenstellung, gelten Lebensmittel als milde Therapeutika, die ähnlich wie Medizin wirken können. Auch wenn die Ernährung gemäß der Traditionellen Chinesischen Medizin zunächst sehr exotisch klingt, setzt sie keinesfalls eine Umstellung auf die asiatische Küche voraus. Ganz im Gegenteil, denn es werden in der TCM regionale und saisonal Lebensmittel empfohlen, sodass sie sich mit heimischen Lebensmitteln einfach umsetzen und individuell anpassen lässt.
Die Grundprinzipien der TCM
Um die Ernährung als Baustein der chinesischen Heilkunde richtig zu verstehen, müssen zunächst einige Grundbegriffe der TCM erklärt werden. Die Basis ist das Konzept des Qi. Mit Qi ist die Lebensenergie gemeint, die durch unseren Körper strömt. Alle Organe werden durch das Qi verbunden, die Leitbahnen dieser Lebensenergie werden als Meridiane bezeichnet. Es gilt, mögliche Funktionsstörungen innerhalb dieser Meridiane aufzuspüren und zu beseitigen, damit die Energie ungehindert fließen kann. Kann das Qi nicht ungehindert fließen, können Krankheiten entstehen.
Außerdem grundlegend in der TCM ist das Prinzip von Yin und Yang . Nach TCM setzt sich alles aus Yin und Yang zusammen, sie stehen für sich ergänzende Eigenschaften wie beispielsweise Tag und Nacht, oben und unten oder nass und trocken. Yin steht für Ruhe, Passivität und Kälte, Yang für Dynamik, Aktivität und Hitze. So bedeutet zum Beispiel eine erhöhte Temperatur einen Überschuss an Yang, während Schüttelfrost auf zu viel Yin zurückgeführt wird. Das Ziel ist es, Yin und Yang in Einklang zu bringen beziehungsweise zu halten. Liegt eine Krankheit vor, wird von einer energetischen Dysbalance ausgegangen, sodass Yin und Yang zurück in Einklang gebracht werden müssen. Nur wenn Yin und Yang im Einklang sind, kann die Lebensenergie Qi ungehindert fließen.
Sowohl zu viel oder zu wenig Yin als auch zu viel oder zu wenig Yang führen laut TCM zu einer energetischen Dysbalance, die die Funktion der Organe schwächt und zu Krankheiten führen kann.
Ein weiterer grundlegender Begriff ist die Theorie der fünf Elemente. Diese fünf Elemente, nämlich Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser stehen in einem Kreislauf zueinander, was bedeutet, dass ein Element das nächste auslöst. Die fünf Elemente werden mit verschiedenen Eigenschaften wie Jahreszeiten, Gefühlen, Geschmäckern und Organen in Verbindung gebracht. So wird bei der Anamnese einer Krankheit durch einen Arzt nach einer genauen Beschreibung der betroffenen Körperstellen sowie nach Einfluss von Temperaturveränderungen und Jahreszeiten gefragt.
Die Ernährung in der TCM
Die Ernährung gilt in der chinesischen Medizin als eine der fünf grundlegenden Behandlungsmethoden. Auch hier gilt das Konzept des Qi als Basis, denn wenn diese Lebensenergie nicht ungehindert fließen kann, entstehen Disharmonien, aus denen wiederum Krankheiten entstehen können. Die Lebensmittel werden in der TCM nach unterschiedlichen qualitativen Aspekten beschrieben, unter anderem das Temperaturverhalten und die Geschmacksrichtung.
Das Temperaturverhalten beschreibt die energetische Dynamik eines Lebensmittels in seinem Rohzustand. Diese Dynamik bezieht sich lediglich auf seine Wirkung auf den Organismus und ist unabhängig davon, ob die Speise tatsächlich gekühlt oder erwärmt wurde. Es wird unterschieden zwischen heiß, warm, neutral, kühl und kalt.
Warme und heiße Lebensmittel wirken erwärmend auf den Körper und stärken somit das Yang. Bei übermäßigem Verzehr entsteht innere Hitze. Ein Beispiel für heiße Lebensmittel sind scharfe Gewürze, zu den warmen Lebensmitteln gehören fast alle getrockneten Kräuter, aber auch Zwiebeln, Buchweizen und Hafer.
Kühle und kalte Lebensmittel wirken kühlend auf den Körper, sie stärken das Yin und beruhigen den Geist, im Übermaß verzehrt erzeugen sie innere Kälte und Feuchtigkeit. Zu den kalten Lebensmitteln gehören Salat sowie viele Gemüsesorten. Beispiele für kühle Lebensmittel sind heimisches Obst, Sauerkraut oder Spinat.
Neutrale Lebensmittel wirken ausgleichend und harmonisierend. Dazu gehören Vollwertgetreide, Kartoffeln oder Nüsse. Das Temperaturverhalten von Lebensmitteln lässt sich durch verschiedene Zubereitungsarten beeinflussen. Pürieren, Trocknen, Braten oder Backen bewirken eine Veränderung Richtung Wärme und Hitze. Einweichen, Quellen lassen oder die Aufbewahrung im Eisfach führen zu einer Veränderung Richtung Kälte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der TCM-Ernährung ist die Geschmacksrichtung der Lebensmittel. Es wird hierbei zwischen fünf Geschmacksrichtungen unterschieden, nämlich sauer, bitter, süß, scharf und salzig. Jeder dieser fünf Geschmacksrichtungen wird eine bestimmte Wirkung auf die Organe und Körperfunktionen, analog zur Theorie der fünf Elemente, zugeordnet.
Der Geschmack sauer wird dem Element Holz und somit der Leber und der Gallenblase zugeordnet. Depressionen und Verspannungen können auf eine Disharmonie in diesem Bereich hindeuten. Der saure Geschmack wirkt kühlend und zusammenziehend, Beispiele für Lebensmittel mit diesem Geschmack sind Joghurt, Essig, Rhabarber oder Zitronen.
Der Geschmack bitter wird dem Element Feuer zugeordnet und wirkt sich demnach stärkend auf das Herz und den Dünndarm aus. Der bittere Geschmack gilt als trocknend, reinigend und verdauungsfördernd, Beispiele für bittere Lebensmittel sind Löwenzahn, Grapefruit, Chicorée oder Kaffee. Eine gestörte Verdauung sowie Schlafstörungen können auf Dysbalancen im Bereich von Herz und Dünndarm hindeuten.
Die Geschmacksrichtung süß wird dem Element Erde zugeordnet, sie wirkt stärkend und harmonisierend auf Magen und Milz. Der süße Geschmack gilt als befeuchtend und nährend, viele Getreide-, Frucht- und Gemüsesorten gelten in der TCM als süß, unter anderem Kartoffeln, Aprikosen, Kürbis, Hafer und Dinkel. Als Indikatoren für Dysbalancen im Bereich Magen und Milz gelten Stress und Appetitmangel, süße Lebensmittel können hier Abhilfe schaffen.
Die Geschmacksrichtung scharf stärkt das Qi von Lunge und Dickdarm. Er wird dem Element Metall zugeordnet und wirkt wärmend und abwehrstärkend. Beispiele für scharfe Lebensmittel sind Chili, Pfeffer, Ingwer und Senf. Bei einer hohen Infektanfälligkeit kann die vermehrte Zunahme von scharfen Lebensmitteln sinnvoll sein.
Der Geschmack salzig wird dem Element Wasser zugeordnet, er stärkt Niere und Blase, wirkt erweichend und ausleitend. Beispiele für salzige Lebensmittel sind Algen, Lachs oder Sojasoße. Symptome bei einem geschwächten Qi im Bereich der Niere und Blase sind Müdigkeit und schnelle Erschöpfung.
Grundsätzlich gilt, dass dem jeweiligen Organ zugeordneten Lebensmittel dieses stärken, so lange sie in Maßen verzehrt werden. Wird jedoch zu viel dieses Geschmacks verzehrt, wird das jeweilige Organ geschädigt. So erzeugt zum Beispiel zu viel süßes Nässe, Feuchtigkeit und Schleim, zu viel salziges erzeugt Trockenheit und einen Yin-Mangel.
Die Theorie der fünf Elemente ordnet jedem Element ein Organ und eine Geschmacksrichtung zu. Der jeweilige Geschmack wirkt sich stärkend auf das zugeordnete Organ aus.
TCM-Ernährung in der Praxis
Die TCM-Ernährung lässt sich in der Praxis mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln leicht umsetzen. Es handelt sich bei der Ernährung nach Traditioneller Chinesischer Medizin um ein sehr großes und komplexes Thema, sodass in diesem Beitrag nur sehr allgemeine Empfehlungen ausgesprochen werden können. Konkrete, individuelle Empfehlungen können nur nach vorheriger Anamnese von einem Heilpraktiker gegeben werden. Grundsätzlich gilt der Leitfaden, zunächst die individuelle Verfassung in Bezug auf das Qi und auf eine eventuelle Dysbalance von Yin und Yang zu ermitteln. Bei einem Yin-Mangel werden vermehrt kühlende Speisen mit einem süßen oder sauren Geschmack empfohlen. Verzichtet werden sollte dagegen auf warme und heiße sowie auf bittere und scharfe Speisen. Bei einem Yang-Mangel sollten vorrangig warme, gelegentlich auch heiße Lebensmittel mit süßem, bitterem oder salzigem Geschmack verzehrt werden. Kühle und kalte Nahrung sollte dagegen reduziert werden. Zusätzlich kann es spezifische Störungen der Organe in Verbindung mit einem Yin- oder Yang-Mangel geben, die mit einer individuellen diätischen Beratung behandelt werden können.
Unabhängig von der individuellen Verfassung gibt es einige Grundregeln in der Traditionellen Chinesischen Ernährung:
Quellen:
[1] Bund Deutscher Heilpraktiker (2022): Ernährung nach Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM), online [04.07.2022].
[2] Chevallier, A. (2017): Das große Lexikon der Heilpflanzen, 2. Auflage, München: Dorling Kindersley.
[3] Schiele, K. (2007): Traditionelle Chinesische Ernährung – Teil 1: Hintergründe und Prinzipien, in: Ernährungsumschau, 54(1), S. 4-7.
[4] Schiele, K. (2007): Traditionelle Chinesische Ernährung – Teil 2: Nahrungsauswahl und ernährungsphysiologische Bewertung, 54(2), S. 60-63.
[5] Siedentopp, U. (2018): Ernährung in der chinesischen Medizin, in: Zeitschrift für Komplementärmedizin, 10(2), S. 41-45.
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