Ayurveda ist eine uralte indische Heilkunst und bedeutet übersetzt so viel wie „die Wissenschaft vom Leben“. Es geht darum, den Menschen als Individuum zu betrachten, sodass grundsätzlich kein medizinisches Verfahren abgelehnt wird. Im Ayurveda gilt der Leitspruch „du bist was du verdaust“. Denn während bei einer intakten Verdauung jeden Tag neues, gesundes Körpergewebe entstehen kann, führt eine schlechte Verdauung zu unverdauten Substanzen, die den Körper belasten und Krankheiten auslösen können. Dementsprechend gilt eine ausgewogene und individuell auf die Konstitutionstypen abgestimmte Ernährung der Schlüssel zu langfristiger Gesundheit.
DIE AYURVEDISCHE ERNÄHRUNGSPHILOSOPHIE
Grundsätzlich wird im Ayurveda eine möglichst natürliche, frische und vor allem abwechslungsreiche Ernährung empfohlen. Darüber hinaus wird die Ernährung an die individuelle Konstitution jedes Menschen angepasst. Es gibt drei Konstitutionstypen, die Doshas genannt werden: Vata, Pitta und Kapha. Jeder Mensch stellt einen dieser Typen oder eine Mischform dar. Die Lebensmittel werden in Kategorien wie Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Süßungsmittel, Öle, Nüsse und Kerne, Gewürze, Obst und Fleisch unterteilt. Aus jeder Kategorie werden bestimmte Lebensmittel für bestimmte Konstitutionen als sinnvoll erachtet und andere als weniger sinnvoll. Neben der Konstitution richtet sich die ayurvedische Ernährung außerdem nach den Zyklen des Lebens, so wird sie beispielsweise auch je nach Jahreszeit oder in bestimmten Lebensphasen angepasst. Milch und Honig gelten im Ayurveda als heilig, sodass eine vegane Ernährung nicht grundsätzlich empfohlen wird. Wichtig ist jedoch, dass tierische Lebensmittel immer aus einer friedvollen Haltung stammen sollten. Auch auf die richtige Kombination der Nahrung kommt es an. So sollte Milch beispielsweise nicht mit Saurem, Salzigem, Fleisch oder Fisch kombiniert werden und frische Früchte nicht mit gekochten Speisen. Das liegt daran, dass sich bestimmte Kombinationen von Lebensmitteln negativ beeinflussen und somit schlechter verdaut werden können.
Tierische Lebensmittel sind im Ayurveda erlaubt, sie sollten jedoch immer aus friedvoller Haltung stammen.
Es wird außerdem empfohlen, die Hauptmahlzeit des Tages mittags einzunehmen. Das hängt mit dem zirkadianen Rhythmus des Menschen zusammen. Im Ayurveda dreht sich alles um das „Verdauungsfeuer“, das Agni. Wir spüren unser Agni in Form von Hunger. So signalisiert uns unser Körper, dass er bereit für die Nahrungsaufnahme ist. Wenn die Sonne mittags am höchsten steht, ist auch das Agni am stärksten. Der Körper arbeitet auf Hochtouren und ist in der Lage, auch schwere Speisen leicht zu verdauen. Somit ist es einfach effizienter, mittags mehr zu essen und dafür morgens und abends nur kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Zudem benötigt der Körper abends weniger Energie als tagsüber und bereitet sich langsam auf die Entgiftung vor, die über Nacht stattfindet. Werden also abends noch große Portionen gegessen, ist der Körper damit beschäftigt, diese Nahrung aufzuspalten und kann sich weniger auf die Entgiftung konzentrieren.
DIE DREI KONSTITUTIONSTYPEN UND IHRE BESONDERHEITEN
Gleichgewicht ist ein wichtiges Stichwort im Ayurveda. Jeder von uns besitzt Eigenschaften von allen drei Doshas, die jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Das Ziel ist es, seine Doshas ins Gleichgewicht zu bringen. Seinen Konstitutionstyp zu kennen und sich über die optimale Lebensweise dieses Typs zu informieren, kann dementsprechend viele Vorteile bringen.
Der Konstitutionstyp Vata setzt sich aus den Elementen Raum und Luft zusammen und steht im Ayurveda für das Bewegungsprinzip. Vata-Typen haben meist einen zierlichen und drahtigen Körperbau, sind voller Energie und ständig in Bewegung. Ist das Vata im Gleichgewicht, besitzt dieser Konstitutionstyp eine hohe Auffassungsgabe und ist außerordentlich kreativ. Befindet sich diese Konstitution jedoch nicht im Gleichgewicht, kann sich dies in Angst und Nervosität äußern. Um Vata zu beruhigen, eignen sich am besten wärmende, süße und ölige Speisen. „Erlaubt“ sind alle Ölsorten sowie alle Nüsse, außer Erdnüsse. Aber auch süße Früchte eignen sich ideal für das Vata-Dosha. Zudem ist Vata das einzige Dosha, für das keine vollkommen vegane Ernährung empfohlen wird, da es tierisches Eiweiß benötigt, wenn es aus dem Gleichgewicht geraten ist. Empfohlen wird eine nicht-homogenisierte Bio-Rohmilch, aber auch Eier und Fleisch aus Bio-Haltung. Idealerweise sollten drei warme und gekochte Mahlzeiten am Tag zu sich genommen werden. Zum Würzen eignen sich verdauungsfördernde Gewürze wie Ingwer, Kreuzkümmel oder Fenchel. Nicht geeignet für die Vata-Konstitution sind trockene, knusprige und kalte Speisen wie beispielsweise Rohkost oder Knuspermüslimischungen.
Eine gesunde und dem eigenen Konstitutionstyp entsprechende Ernährung kann viele Vorteile bringen.
Der Konstitutionstyp Pitta steht im Ayurveda für das Transformationsprinzip und setzt sich aus den Elementen Feuer und Wasser zusammen. Befindet sich das Pitta-Dosha im Gleichgewicht, handelt es sich um kreative, zielorientierte und ehrgeizige Menschen mit viel Energie. Gerät diese Konstitution jedoch aus dem Gleichgewicht, neigt sie schnell zum Überhitzen, was sich als Wut und Reizbarkeit äußern kann. Um übermäßiges Pitta zu beruhigen, eignen sich daher besonders kühlende und saftige Speisen sowie Lebensmittel mit einem hohen Wassergehalt. Es empfiehlt sich die Hauptmahlzeit zum Mittag einzunehmen, außerdem vertragen Pitta-Typen rohe Speisen wie zum Beispiel Rohkost besonders gut. Zum Würzen eigenen sich Gewürze wie Curcuma, Koriander oder Kardamom am besten. Gemieden werden sollten jegliche Speisen, die erhitzend wirken, also würzige, säurehaltige oder salzige Speisen oder auch erhitzende Gewürze wie Chili, Cayennepfeffer und Ingwer.
Kapha-Typen gelten als entspannt und sanftmütig. Sie haben häufig einen stämmigeren Figurtyp, ein gutes Gedächtnis und sind sehr ausdauernd. Ist Kapha jedoch aus dem Gleichgewicht geraten, führt dies zu Lethargie, Lustlosigkeit und Gewichtszunahme. Um Kapha wieder in Balance zu bringen, eignen sich am besten warme, gegarte Speisen, trockene Lebensmittel sowie leichte Speisen. Es wird außerdem eine vegetarische oder vegane Kost empfohlen. Bei Getreide sollte immer darauf geachtet werden, dass es sich um abgelagertes Getreide handelt, da es hierdurch leichter verdaulich wird. Für die Kapha-Konstitution eignen sich alle Arten von Hülsenfrüchten wie zum Beispiel Linsen, Bohnen oder Kichererbsen. Jegliche Arten von Öl sollten nur in kleinen Mengen genossen werden. Auch süße Speisen wie zum Beispiel frisches Obst sollten nur in Maßen verzehrt werden, da diese Kapha sonst zu sehr verstärken. Da die Kapha-Konstitution besonders anfällig für Übergewicht ist, sollte hier besonders auf den Zuckerkonsum, insbesondere auf die Reduktion von raffiniertem Zucker geachtet werden. Bei einer nicht-veganen Ernährung kann etwas Honig als Süßungsmittel verwendet werden.
Im Ayurveda gibt es sechs Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, scharf, bitter und zusammenziehend. Es wird empfohlen, dass jede Mahlzeit alle sechs Geschmacksrichtungen enthalten sollte. Gleichzeitig werden jedoch je nach individueller Konstitution bestimmte Geschmacksrichtungen mehr und manche weniger empfohlen, da sie die verschiedenen Doshas Vata, Pitta und Kapha erhöhen oder reduzieren können. Als süß gelten zum Beispiel Früchte, Honig oder Getreide. Die Geschmacksrichtung süß wirkt ausgleichend auf Pitta und Vata. Als saure Lebensmittel gelten beispielsweise Zitronen oder auch Tomaten. Saure Speisen verstärken die Luftzirkulation im Körper, wirken verdauungsanregend und ausgleichend auf das Vata-Dosha. Salzige Speisen gelten als beruhigend und Vata-reduzierend, können aber bei übermäßigem Verzehr zu Energielosigkeit und Ungeduld führen. Daher sollten besonders Kapha und Pitta Salz nur in Maßen verzehren.
Gewürze spielen im Ayurveda eine zentrale Rolle, da sie den Stoffwechsel anregen und Speisen leichter verdaulich machen.
Schwarzer Pfeffer, Chili und Ingwer sind Beispiele für scharfe Nahrungsmittel. Diese gelten als verdauungsfördernd und sind somit besonders für Kapha-Typen, für Pitta-Typen jedoch nur in Maßen geeignet. Als bittere Lebensmittel gelten zum Beispiel Blattgemüse oder Kümmel. Bittere Nahrung wirkt Pitta-ausgleichend, Vata-Typen sollten diese dagegen nur in Maßen zu sich nehmen. Zusammenziehende Lebensmittel sind zum Beispiel unreife Bananen, Spinat oder Koriander. Zusammenziehendes wirkt kühlend und gibt Energie, somit ist es ideal für Pitta und Kapha geeignet.
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